Oyoun vor dem Aus: Kontroverse Schließung wirft Fragen auf
(Berlin, 7. Dezember 2023) Weiterhin keine Reaktion vom Berliner Senat | Oyoun hat Klage eingereicht | Einladung zur Pressekonferenz zum Festivalauftakt 14.–16. Dezember
Aktuelle Lage: Kommunikationsabbruch
Das abrupte Ende der bis 2025 zugesicherten vierjährigen Projektförderung von Oyoun zum 31.12.2023 wurde im Live-Stream des Kulturausschusses am 20.11.2023 vom Kultursenator Joe Chialo (CDU) bekannt gegeben. Nach wie vor reagiert der Senat nicht auf eine am selben Tag geforderte Akteneinsicht nach dem Berliner Informationsfreiheitsgesetz (IFG) sowie alle weiteren Kontaktversuche. Am 21.11. erreichte Oyoun als Begründung, dass der Senat das Geld zur Bezahlung der Löhne nicht anweisen werde, lediglich die Nachricht: “das Haus werde neu ausgeschrieben”. Besonders brisant: Die laufende Förderrate für den Dezember 2023 wurde um 35.000 € gekürzt und wurde bis heute nicht ausgezahlt.
Unhaltbarer Antisemitismus-Vorwurf
Es ist keine rechtliche Grundlage für einen Widerruf des Fördervertrags zwischen dem Senat und Oyoun, sowie der laufenden Arbeitsverträge zwischen dem Oyoun und seinen Mitarbeiter*innen bekannt. Oyoun hat die vom Senat geäußerten Vorwürfe des ‘versteckten Antisemitismus’ ausdrücklich zurückgewiesen. In der Satzung, dem Selbstverständnis, Code of Conduct, einer verbindlichen Handlungsanleitung und einem Wertekonsens, spricht sich Oyoun explizit gegen Antisemitismus aus und lehnt jede Form von Menschenfeindlichkeit ab.
Einzigartiger Kulturstandort reicht Klage ein
Seit der Eröffnung im März 2020 wurden von Oyoun mehr als 2700 künstlerische wie kulturelle Veranstaltungen realisiert. Das Kulturzentrum hat sich zu einem einzigartigen Hub für dekoloniale, queer*feministische und diasporische Perspektiven für zahlreiche Communities entwickelt. Dies spiegelt sich auch in den Reaktionen zur drohenden Schließung wider: Ein offener Brief in Solidarität mit dem Oyoun wurde binnen kürzester Zeit von über 13.000 Menschen weltweit unterschrieben. Eine Crowdfunding-Kampagne zur Unterstützung der rechtlichen Anfechtung des Förderstopps hat innerhalb von fünf Tagen das Kampagnenziel von 72.000 € erreicht. Da alle bisherigen Mediationsangebote, Gesprächsanfragen und selbst anwaltliche Fristen der Kanzlei Myrsini Laaser vom Senat ignoriert wurden, wurde heute – am 7. Dezember – offiziell Klage eingereicht.
Skandalöse Intransparenz und ihre Auswirkungen
Im Rahmen des laufenden Mietvertrags werden aktuell bereits reguläre Termine für den Januar von landeseigenen Gesellschaften mit Oyoun vereinbart – eine Praxis, die darauf hindeutet, dass senatsinterne Bemühungen um eine effiziente Abwicklung derzeit nicht erfolgen. Für die über 30 Beschäftigten von Oyoun bedeutet die andauernde Unklarheit, dass sie sich aufgrund der offiziell noch laufenden Arbeitsverträge nicht arbeitslos melden können und den Entzug ihrer Lebensgrundlage fürchten – für einige steht damit auch der Aufenthaltsstatus auf dem Spiel.
Einladung zu Pressekonferenz + Festival
Alle Zeichen weisen darauf hin, dass an Oyoun ein Exempel statuiert werden soll. Um auf diese Einschüchterung, die damit verbundenen Missstände, die Willkür des Berliner Senats und die fatale Signalwirkung die die Schließung von Oyoun für die Kunst- und Meinungsfreiheit in Deutschland haben würde, hinzuweisen, lädt Oyoun Presse- und Medienvertreter*innen am 14. Dezember um 10:30 Uhr herzlich zur Pressekonferenz ins Oyoun, Lucy-Lameck-Str. 32, 12049 Berlin ein. Die Pressekonferenz ist auch der Auftakt zu einem dreitägigen Festival, dessen Programm in Kürze über die Oyoun-Website bekannt gegeben wird. Die Anmeldung für die Pressekonferenz ist bis zum 13. Dezember, um 14:00 Uhr via kommunikation@oyoun.de möglich.